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„Dem Sterbenden, der glücklich sein will, dem Unglücklichen, der leben will.“

Vortrag von Dr. Thorsten Schneider über Körper in der Kunst von Karl Kunz

Finissage
Karl Kunz, Can-Can, März 1964, Öl auf Hartfaser, 130,5 x 180 cm, sign. III.64 K.Kunz, gezeigt mit freundlicher Genehmigung des Nachlass Karl Kunz Berlin
Karl Kunz, Can-Can, März 1964, Öl auf Hartfaser, 130,5 x 180 cm, sign. III.64 K.Kunz, gezeigt mit freundlicher Genehmigung des Nachlass Karl Kunz Berlin
8.2.26
15:00 Uhr

Zur Finissage der Ausstellung „Karl Kunz. Fantastische Körper“ hält Dr. Thorsten Schneider, Leuphana Universität Lüneburg, einen Vortrag „Dem Sterbenden, der glücklich sein will, dem Unglücklichen, der leben will. Körper in der Kunst von Karl Kunz“. Anschließend laden wir zu einem Umtrunk ein.

Fragmente aus dem beschädigten Leben einer ruinierten Gesellschaft bilden das Material für die Kunst von Karl Kunz. Damit brachte er in der Nachkriegszeit zur Darstellung, was im Wiederaufbau allzu leicht vergessen und verdrängt wurde. Der Engel in Kunz gleichnamigen Gemälde von 1945 gibt sich als ein „Engel der Geschichte“ zu verstehen, wie ihn Walter Benjamin in seinen Fragmenten „Über den Begriff der Geschichte“ eindrücklich beschrieb. Während in der Kunst nach 1945 die Hinwendung zu den abstrakten Formen der Moderne eine historisch unbeschwerte Kunstbetrachtung ermöglichte, hielt Kunz an einer figurativen Malerei fest, der die historischen Kontexte eingeschrieben sind. Damit traf er einen Nerv seiner Zeit. Doch wurden seine unverstellten Gegenwartsdiagnosen bei der Kunstkritik und beim bürgerlichen Publikum, die sich nach der ästhetischen Erfahrung gegenstandsloser Kunst nach amerikanischem Vorbild sehnten, nicht sehr geschätzt.

In einer Gesellschaft, die ihre unheilvolle Vergangenheit im aufkommenden Wirtschaftswunder rasch hinter sich lassen wollte, rühren die Darstellungen von Kunz mit großer Treffsicherheit an all das, was die scheinheilige Sittlichkeit der Bundesbürger:innen verunsicherte, irritierte und das es entschieden abzulehnen galt. In der Tradition der hedonistischen Kunst stehend, bringen die Bilder von Kunz den Konflikt zwischen Triebstruktur und Gesellschaft zur Aufführung. Krieg und Gewalt beanspruchen die gleiche Präsenz, wie gesellschaftlich unerfüllte Wünsche und Begierden. Eros und Thanatos sind in der Kunst von Kunz allgegenwärtig. Ohne das Glücksversprechen, im schönen Schein der Kunst die Antagonismen zwischen Utopie und Dystopie in Wohlgefallen aufzulösen, stehen Brüche und Widersprüche in symbolischer Form unvermittelt nebeneinander. Alle höheren Ideale, die Gewalt und Verzicht im Dienste einer gerechteren Sache rechtfertigen, werden radikal in Zweifel gezogen. Diese Kunst gilt allein: „Dem Sterbenden, der glücklich sein will, dem Unglücklichen, der leben will.“

Dr. Thorsten Schneider ist Kunsthistoriker und Kritiker mit einem interdisziplinären Hintergrund und einer transdisziplinären Perspektive. Er wurde an der Leuphana Universität Lüneburg promoviert, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter des DFG Graduiertenkollegs Kulturen der Kritik bis 2022 tätig war. Seine Dissertation erscheint demnächst bei b_books Berlin als Monografie mit dem Titel Ideologiekritik der Kunstgeschichte. Genealogie eines Selbstverständnisses nach 1968. Derzeit forscht er als Post-Doc am Sonderforschungsbereich 1512 Intervenierende Künste der Freien Universität Berlin im Teilprojekt Künstlerische Lebenspraxis als Intervention (A06) an der Leuphana Universität Lüneburg. Daneben lehrt er an verschiedenen Universitäten und Hochschulen. Kunstkritische Texte von ihm erscheinen in Fachzeitschriften, Tageszeitungen, Ausstellungskatalogen und als Radiofeatures. Seine Interessen liegen im Bereich einer kritischen Genealogie der Gegenwart mit besonderem Fokus auf die Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg und ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung.

Material

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