Forschung
Neben den Hauptaufgaben Sammeln, Bewahren, Vermitteln und Ausstellen hat die Forschung zentrale Bedeutung für die Arbeit im Museum. Unsere gattungsübergreifenden Sammlungsbestände an der Schnittstelle zwischen Kunst- und Literaturwissenschaft, Geschichte und Politik bieten dafür vielseitige Zugänge und Fragestellungen zur wissenschaftlichen Bearbeitung.
Museale Forschung sehen wir als einen Prozess an, der nie abgeschlossen neue Erkenntnisse hervorbringt. Neben der biografischen Aufarbeitung der größtenteils unbekannten Künstler:innen unserer Sammlung ist ein Kernstück unserer Forschung das Sichtbarmachen von Netzwerken der verfolgten Moderne zwischen Literatur, Bildender Kunst und Theater und den künstlerischen Bewältigungsstrategien des Erlebten. In diesem Zusammenhang denken wir kunsttechnologische und kunsthistorische Forschung als sich ergänzende Perspektiven zusammen.
Dafür kooperieren wir national und international mit Hochschulen und Universitäten, verwandten Museen, Gedenkstätten und Archiven. Für unsere Nachforschungen zu Künstler:innen unserer Sammlung und verschollen oder zerstört geglaubten Kunstwerken sind wir auch auf Sie angewiesen. Zögern Sie nicht sich bei uns zu melden, wenn Sie Hinweise zu einem:einer Künstler:in oder einzelnen Kunstwerken haben.
Kunsttechnologische Untersuchungen
Das Zentrum für verfolgte Künste widmet sich im Rahmen einzelner Projekte der kunsttechnologischen Erforschung ausgewählter Kunstwerke. Aus der Beschäftigung mit der bedeutenden Sammlung verfolgter Künste ergeben sich Fragestellungen, die auch für die internationale Kunstwissenschaft relevant sind. Der Aspekt der Verfolgung zeigt sich nicht nur in den Biografien der Künstler:innen, sondern auch in der Materialität und Herstellung der Kunstwerke. Neben der Werkgenese gilt es zu ermitteln, welche Altersphänomene und Schäden beispielsweise auf den Versuch der gezielten Zerstörung des Kulturguts zurückzuführen sind und in welchem Maße diese Spuren zu erhalten sind.
Zur Beantwortung dieser Fragen stehen verschiedene Methoden der kunsttechnologischen Untersuchung zur Auswahl. Die Forschung beinhaltet die Analyse von Proben durch mikroskopische und chemische Untersuchungen sowie bildgebende Verfahren wie Röntgen- oder Infrarot-Reflexions-Spektroskopie, um Informationen über die Herstellung und den Zustand der Kunstwerke zu erlangen. Die gesammelten Informationen führen zu einem umfassenden Verständnis über die verwendeten Materialien und Herstellungstechniken jener Kunst, die während des Nationalsozialismus unter erschwerten Bedingungen entstanden ist. Das dadurch gewonnene Wissen trägt dazu bei, die Bildwerke in den Kontext ihrer Entstehungszeit zu setzen und die Erinnerung an die Verfolgung der Künstler und die Bedeutung ihrer Kunst in unserer Geschichte bis in die Gegenwart zu bewahren.
Die Durchführung der kunsttechnologischen Untersuchung erfolgt am Cologne Institute of Conservation Sciences (CICS) der Technischen Hochschule Köln. Die Kooperation mit Hochschulen und Universitäten bietet die Möglichkeit, einzelne Kunstwerke sowie ganze Werkgruppen oder Nachlässe wissenschaftlich aufzubereiten und in Teilen zu publizieren. Auch hier begrüßt das Zentrum für verfolgte Künste interessierte Studierende und Forschende, die einen Teil zur Erschließung verfolgter Künste beitragen möchten.
Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, wenn Sie in Ihrer Abschlussarbeit zum Themenkomplex verfolgte Künste forschen möchten und wir überlegen gemeinsam, welches Thema sich für Ihr Bachelor-, Master- oder Dissertationsvorhaben anbietet. (Ansprechpersonen: Marielena Buonaiuto (buonaiuto@verfolgte-kuenste.de) und Hanna Sauer (sauer@verfolgte-kuenste.de).
Museum und Universität
Unsere Forschung ist eng angebunden an die universitäre Lehre und Zusammenarbeit. In Kooperation mit dem Historischen Seminar, dem Institut für Migrationsforschung und dem Masterstudiengang Kunst und Kommunikation der Universität Osnabrück finden seit einigen Jahren regelmäßige Veranstaltungen zu den Inhalten unserer Sammlung statt. Beispielhafte Lehrveranstaltungen sind: Holocaust-Kunst, „Entartete Kunst“ oder wie die Diffamierung durch die Nationalsozialisten bis heute weiterlebt, Die Unsterblichkeit der Sterne - der Wertewandel in der Beurteilung der Kunst von Goya und Ringelnatz, Exil Archiv - Strategien der Dokumentation der Flucht und des Exils von Künstlerinnen und Künstlern im 20. und 21. Jahrhundert oder das Seminar Kunst und Kommunikation in der Praxis.
Mit dem innovativen Programm Forschungsvolontariat Kunstmuseen NRW ist 2020 eine Förderlinie des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW initiiert worden, die Museen explizit in den Bereichen Sammeln, Erforschen und Vermitteln unterstützt. Die Forschungsvolontariate schaffen ein spezifisches Ausbildungsprogramm in der Erschließung und Erforschung von musealen Sammlungen. Ein wissenschaftliches Begleitprogramm, organisiert und realisiert unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Ulli Seegers am Institut für Kunstgeschichte der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf begleitet die museale Ausbildung. Mehr Informationen zur Förderlinie finden Sie hier: Universität Düsseldorf: Forschungsvolontariat Kunstmuseen NRW (hhu.de)
In der ersten Förderphase 2020-2022 konnten wir das Oscar-Zügel-Forschungsvolontariat zur ersten Bestandsaufnahme des Künstlernachlasses und der Realisierung einer Ausstellung zum Thema einrichten. In der zweiten Förderphase 2022-2024 wurde der Schwerpunkt Sammlungsforschung um Bildung und Vermittlung mit dem Fokus auf Teilhabe, Diversität und Inklusion ergänzt. Beide Themen werden in zwei Forschungsvolontariaten am Zentrum für verfolgte Künste bearbeitet. Im Austausch mit ihren 27 Kolleg:innen aus insgesamt 26 geförderten Museen forschen Vanessa Arndt (Sammlungsforschung) und Judith Steinig-Lange (Bildung und Vermittlung) am Zentrum für verfolgte Künste neben ihrer musealen Ausbildung an selbständigen Projekten:
Forschungsvolontariat zur Fortsetzung der Erschließung des Oscar-Zügel-Nachlasses: Zeugnisse der Migration und des Exils
Nachdem der Fokus des ersten Förderzeitraumes auf der Erschließung des Werknachlasses stand, erfolgt nun eine Bearbeitung des umfangreichen dokumentarischen Nachlasses. Auf der Grundlage dieser Arbeit können weitere Forschungen zu Leben und Werk des Künstlers erfolgen. Ziel des Volontariates ist es, ein Archiv zu schaffen, das öffentlich zur Nutzung für diese Forschung bereitgestellt wird. Zentrale Forschungsbereiche sind die Verfolgung von Künstler:innen in Deutschland 1933-45, Künstler:innen im Exil, Provenienzen der Werke und deutsche Narrative der Nachkriegszeit.
Forschungsvolontariat Plurale Erinnerungsperspektiven im Kontext der Künste
Erforscht wird die Vielgestaltigkeit kultureller Ausdrucksformen und Möglichkeiten der Verhandlung von sozialpolitischen Themen innerhalb der Sammlung, in Bezug auf unsere Gegenwart. Diversität wird anhand unserer spezifischen Sammlung des Zentrums auf ihre Intersektionalität und Synergien befragt und kritisch angewandt inwiefern sich kategoriale Parameter eignen und welche Methodender Diversitätsentwicklung für Museen in NRW entwickelt und erprobt werden können. Daran anknüpfend, werden bisher unterrepräsentierte Perspektiven eingeladen, vermittelt und sichtbar gemacht. Im ersten Abschnitt werden multidirektionale Erinnerungspolitiken zu der Ausstellung Solingen‘93 angewandt und Erinnerungskultur vor Ort am Beispiel des Gedenkens an den rassistischen Anschlag auf die Familie Genç erforscht. Darauf aufbauend wird im Rahmen des Forschungsvolontariats ein Code of Ethics erarbeitet.